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Warum ich immer noch in der SPD bin




Bei der netten Veranstaltung der SPD Ravensburg im Inklusionscafé Bezner (Top-Adresse für alle Anlässe!) wurde erfolglos versucht, mir eine Nadel ans Revers zu stecken. Eine rote Urkunde habe ich akzeptiert, 25 Jahre SPD-Mitgliedschaft ist ja auch nicht nichts, 25 Jahre dabei zu sein, davon 10 Jahre als „Parteileiche“ und 15 Jahre in lokalen Gremien.

1998 habe ich mich entschieden, in die SPD einzutreten. Wie kam es dazu? Bundespräsident Roman Herzog führte den 27.Januar (Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945) als nationalen Gedenktag ein und das ZfP (damals PLK) richtete eine Veranstaltung im Festsaal zum Thema Krankenmorde in der Heilanstalt Weißenau aus. Insgesamt 691 Menschen fielen dem mörderischen Zynismus der Nazis zum Opfer, kranken, behinderten und psychisch verletzten Menschen „den Gnadentod zu gewähren“. Keiner wollte sterben. Man hat sie brutal umgebracht. Damals, am 27.1.1998 im Festsaal, wurden in Vorträgen die politischen Hintergründe dieser barbarischen Taten beleuchtet. Ich glaube, es war der Ravensburger Stadtarchivar Dr. Peter Eitel, vielleicht auch der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende im Ravensburger Stadtrat Wilfried Krauss (der seit langem nicht mehr der SPD angehört), der davon sprach, dass die SPD die einzige Partei war, die 1933 geschlossen gegen das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“ stimmte, welches Hitler die uneingeschränkte Diktatorenmacht verlieh. Obwohl ich das noch aus dem (was die Nazizeit betraf, rudimentären) Geschichtsunterricht wusste, hat mich diese moralische Standhaftigkeit und Zivilcourage der SPD im Reichstag tief beeindruckt. Die Partei musste mit schweren Repressionen bezahlen. Gerade in Verbindung mit den Krankenmorden (damals beschönigend als „Euthanasie“ = „Gnadentod“ bezeichnet) habe ich mir gesagt: dieser aufrichtigen Partei möchte auch ich als Christ angehören und damit ein Zeichen setzen. Noch am selben Tag bin ich eingetreten. Zuvor hatte mich mein Fußballfreund und Eschacher SPD Ortsvereinsvorsitzender Günther Biegert bearbeitet. Aber auch schon von zuhause (ich entstamme einer klassischen Handwerkerfamilie) bringe ich die Voraussetzungen für eine SPD-Mitgliedschaft mit. Die Parole „Willi wählen“ kursierte am Mittagstisch, auf meiner Ente prangte der Aufkleber „Stoppt Strauß!“, man hat SPD gewählt in der Familie Schäfer in Tübingen. Das soziale Engagement, verbunden mit prophetischen und jesuanischen Elementen, schien mir als Theologe die perfekte Mischung einer politischen Ausrichtung zu sein, die das Religiöse nicht ausblendet. Es folgten 10 Jahre Engagement als „roter Pfarrer“ im Kreistag Ravensburg und suboptimale Versuche mit „Christen in der SPD“ auf lokaler und Bundesebene. Nach einem wissenschaftlichen Exkurs ließ ich mich 2019 zur erfolgreichen Kandidatur im Stadtrat Ravensburg gewinnen. Mein Ziel war immer: meinen Beitrag zu leisten, die Rechten in der Stadt zu verhindern. Natürlich habe ich auch immer wieder Krisen mit der „alten Tante SPD“ erlebt, stand auch vor Austrittsgedanken. Ich will das nicht verhehlen. Letztlich war es ein Auf und Ab mit meiner Identifikation, stehe in manchen Positionen auch den Grünen nahe. Wo stehe ich heute, an der Schwelle zum neuen Wahljahr 2024? Definitiv werde ich nicht mehr kandidieren und lasse anderen den Vortritt. Ich möchte schließlich nicht als Politrentner enden … Aber mein Appell als „Silberner“ Parteigenosse: Engagiert euch demokratisch und lasst den rechten Populisten keine Chance!

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