"Es kommt ein Schiff geladen", hier eindrucksvoll interpretiert von der Leipziger Vokalgruppe "Die Prinzen".
Überliefert ist uns eines der ältesten geistlichen Lieder, die wir in deutscher Sprache haben. Und wenn wir es singen, dann gehen wir hinein in eine tiefgründige Bedeutung. Der Text stammt in seinen Grundzügen aus einem religiösen Gesangbuch des Straßburger Schriftstellers Daniel Sudermann, gedruckt im Jahr 1626. Sudermann schreibt in dem Buch, er habe hier ein altes Gedicht des Straßburger Mystikers Johannes Tauler (1300-1361) "etwas verständlicher gemacht". Sudermann hat eine Entdeckung gemacht in der benachbarten Klosterbibliothek - ein altes Marienlied, vergraben unter den Schriften von Johannes Tauler, dem Mystiker. Er schreibt: Christus muss täglich neu in uns geboren werden – und: Wir sind der Ort, an dem Christus lebendig wird. Diese Erkenntnis wollte uns Johannes Tauler in seinem Marienlied besonders ans Herz legen. Man hat Maria in der christlichen Tradition als "navis gaudorum" bezeichnet, als "Schiff der Freuden", weil sie Gottes Sohn in die Welt gebracht hat. Das Schiff ist ein altes Zeichen für eine schwangere Frau, – so wie Maria, die Mutter Jesu. Das Schiff, von dem das Lied singt, hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich.
Das Bild des Handelsfahrerschiffs, auf das die Menschen des Spätmittelalters sehnsüchtig warten, weil es aus fernen Ländern Lebensmittel und Luxusdinge zu ihnen bringt, hat der Textdichter hier auf Maria und Jesus übertragen: Maria als das Schiff, das
Jesus als "himmlischen Schatz" zu den Menschen bringt. So hat dieses Lied bei uns seinen Platz als Adventslied gefunden, in der Zeit des Wartens auf die Geburt Jesu.
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