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Zur Ehre Gottes singen wir
Wenn in der stillen heilgen Nacht die Weihnachtsglocken laut erschallen, dann ziehen wir durch unsre Stadt und Weihnachtslieder widerhallen. Zur Ehre Gottes singen wir in jeder heiligen Nacht.
Schon viele Jahr ist dieser Brauch mit unsrer schönen Stadt verbunden, drum wollen wir in Zukunft auch um Mitternacht ziehn unsre Runden. Zur Ehre Gottes …
Ihr Türme unsrer lieben Stadt, lasst eure Glocken laut erklingen, mag das Geschehn der heilgen Nacht uns allen Freud und Frieden bringen. Zur Ehre Gottes …
Warum singen wir zur Ehre Gottes? Es sind im wesentlichen zwei Kernbotschaften, in denen sich das Wesen der Weihnacht ausdrückt:
Lukas 2,7: „Und sie (Maria) gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.“
Ein Kind ist geboren. So knapp beschreibt der Evangelist Lukas Jesu Geburt. Der Akt der Geburt, ein halber Vers. Dieser halbe Vers hat es in sich. Denn damit ist alles anders als zuvor.
Was sich durch diese Geburt ändert, sagt Kernbotschaft 2: Lukas 2,14: „Glanz in den Höhen Gott und auf Erden Frieden in den Menschen des Wohlgefallens“ (eigene Übersetzung, näher am Urtext)
Die jüdische Philosophin Hannah Arendt (Hannah Arendt, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, München: Piper Verlag 2020, S. 353) hat die Weihnachtsbotschaft einmal mit folgenden Worten beschrieben:
Dass man in der Welt Vertrauen haben und dass man für die Welt hoffen darf, ist vielleicht nirgends knapper und schöner ausgedrückt als in den Worten, mit denen die Weihnachtsoratorien die „Frohe Botschaft“ verkünden: „Uns ist ein Kind geboren.“
Das ist nach meiner Auffassung der Sinn von Weihnachten: in der Welt Vertrauen haben und für die Welt hoffen. Die Zukunft ist offen und kommt im verantwortlichen Handeln der Menschen als „gebürtigem“ Wesen ganz neu in die Welt.
Eine Geburt, die in das Weltgeschehen eingreift, obwohl es mit keinem Geburtsdatum verknüpft ist. Um ein konkretes Datum zu schaffen, wurde das römische Fest der unbezwingbaren Sonne umgewidmet, nachdem die Kirche zur römischen Staatsreligion erklärt wurde. In Weihnachten verchristlicht sich die Wintersonnenwende und vereinnahmt nordeuropäische Gebräuche rund um geschmückte Bäume und brennende Kerzen.
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Verknüpfen wir beiden Kernbotschaften: „Uns ist ein Kind geboren.“
Die biblische Botschaft beschreibt das Vertrauen mit einer Geburt, die direkt in das Geheimnis Gottes hineinführt, symbolisiert durch einen Engelschor. „Glanz in den Höhen Gott und auf Erden Frieden in den Menschen des Wohlgefallens“.
„In“ uns Menschen soll der Friede erfahren werden. Mit diesem Auftrag aus der Himmelssphäre begleiten die Engel die Hirten auf dem Weg in den Stall. Die vom Himmelsglanz und von der Gottesehre singen, sie nehmen diesen Glanz in die Dunkelheit des Stalles mit und führen die Hirten behutsam in das Geburtsgeschehen hinein. Sie machen diesen Stall zu einem Ort, in dem das Geheimnis Gottes sichtbar und spürbar wird. Der Renaissancemaler Lorenzo Lotto gestaltet in seiner Interpretation der Geburtsgeschichte eine intime Szenerie voller Wärme, die Menschenwelt, Tierwelt und Engelswelt vereint.
Eine intime Szene, Gotteswelt, Engelswelt, Menschenwelt und Tierwelt vereint – hier ist alles nahe beisammen und lässt die Kernbotschaft der Weihnacht spüren. Zu schön, um wahr zu sein? Und was ist mit den Menschen, die mit Weihnachten so gar nichts oder nichts mehr anfangen können? Die Weihnachten und seine Darstellungen kalt lässt, ablehnen oder sogar aggressiv abwehren müssen, aus unterschiedlichen Gründen? Sie sehen in den Idyllen eher geheuchelte Harmonie und spannungsvoller Zwang.
Wenig von all dem Guten und Schönen, das in so lieblichen Bildern beschrieben wird, ist tatsächlich sichtbar. Wir erleben Gefahr durch Militär und einen Planeten, der am Abgrund steht. Zur Harmonie im Stall gesellt sich die andere Erfahrung, die wir nicht so einfach beiseite wischen können:
Es ist ein dunkles Geheimnis, dass uns Leid widerfährt, in Krankheit und Schmerz, in Kummer und Sorgen, in Verzweiflung und Schwäche, dass Freude und Glück, dass Geborgenheit und alles Leichtsein uns so sehr abhandenkommen können, als wollten sie sich nie mehr finden lassen.
Und das ist das Wunder, dass das Leben und die Liebe doch verborgen auf uns warten, uns halten wollen und tragen bis wir – vielleicht gezeichnet – wieder eine unvermutete Spur finden, die ins Licht führt und in die Weite, die uns einmal wieder leicht sein lässt. Sich nicht verschließen vor dem, was aufbricht an den Lebensrändern, weich werden und still, aber nicht mutlos, nicht ohne Hoffnung.
Weihnachten will uns diese Lebendigkeit als Grunderfahrung und Ressource vermitteln. Darum halte ich Weihnachten für das schönste Fest der Christenheit. Weihnachten macht uns nichts vor. Eine annehmende Grundfreundlichkeit erwartet uns im Stall und breitet sich wohlwollend aus. Aber gerade darum sollten wir das Fest nicht überstrapazieren und übertriebene Erwartungen reduzieren. Ein perfektes Weihnachten in vollkommener Harmonie wie in der Fernsehwerbung ist unrealistisch.
Schön wäre es, wenn wir jenseits eines verklärenden Kindchenschemas in diesem Kind unsere eigene Lebendigkeit erkennen könnten, unser eigenes Fleisch und Blut. Und damit immer mehr in das Geheimnis Gottes hineinwachsen. Und dabei in den Spiegel menschlicher Selbsterkenntnis schauen.
Wie wir unseren persönlichen Weihnachtsglauben im Einzelnen auch leben und gestalten, welche Gefühle wir in das Geschehen hineinlegen, das ist alles so unterschiedlich wie wir Menschen vielfältig sind. Auch in unseren Stimmungen und Zweifeln. In den gemeinsamen Ritualen finden wir tragfähige Formen von Gemeinschaft. Darum ist es so wichtig, Weihnachten zu feiern.
Der Baum, die Lieder, die Krippe, die Geschenke, das gemeinsame Essen, die Deko, die Kerzen und und und … Symbole der Weihnacht, die sich im Laufe der Jahrhunderte um die eine Urgeschichte gruppiert haben – all das sind Abglänze des einen Urgedankens: ein Kind ist uns geboren. Das Kind, das den Glanz vom Himmel bringt und uns friedensfähig macht. In einem verletzlichen Kind zeigt sich Gottes Ehre aus. Wir müssen nicht nach oben schauen und huldigen, sondern wir dürfen uns beugen und Menschliches ehren. Paradox ist es, gewiss, aber in dieser Paradoxie leben wir und feiern wir. In dieses Geheimnis hinein singen wir Ravensburger Heilignachtsänger die Lieder in unserer Stadt. Ich freue mich, dabei sein und mitsingen zu dürfen.
Zur Ehre Gottes singen wir
Wenn in der stillen heilgen Nacht die Weihnachtsglocken laut erschallen, dann ziehen wir durch unsre Stadt und Weihnachtslieder widerhallen. Zur Ehre Gottes singen wir in jeder heiligen Nacht.
Schon viele Jahr ist dieser Brauch mit unsrer schönen Stadt verbunden, drum wollen wir in Zukunft auch um Mitternacht ziehn unsre Runden. Zur Ehre Gottes …
Ihr Türme unsrer lieben Stadt, lasst eure Glocken laut erklingen, mag das Geschehn der heilgen Nacht uns allen Freud und Frieden bringen. Zur Ehre Gottes …
Gebet
Gott, du Geheimnis der Welt und Urgrund unserer Seele, mit der unscheinbaren Geburt im Stall hast du einen hellen Schein in unsere dunkle Welt gegeben. Hilf, dass dieses Licht auch uns erleuchtet und unseren inneren Frieden erstrahlen lässt. Lass das Licht widerstrahlen in unserem Herzen und in dem, was wir vorhaben und tun. Lass das Licht auch in denen spürbar werden, die krank sind an Leib und Seele. Dein Licht ist in allen Dingen. Um uns ist Dunkel. Du bist das Licht, Jesus, Sohn Gottes. Öffne uns mit deinem Kommen die Augen. lass uns die verborgene Tiefe der Dinge erkennen und dich als Geheimnis der Welt und Urgrund unserer Seele immer wieder neu erfahren.
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